Balkonien oder Nordseeinsel? – Urlaub im eigenen Land

Normalerweise schreibe ich in dieser Zeit des Jahres über die beginnende Ferienzeit. Ich freue mich jedes Jahr wieder darauf. Der Eine verbringt die Zeit am liebsten zu Hause mit seiner Familie. Der Andere will so weit weg wie möglich. Dazu gehöre ich eigentlich auch. Neue Länder entdecken, fremde Menschen kennenlernen und die Seele baumeln lassen. Aber in diesem Jahr ist alles anders.

Der Urlaub in 2020 wird anders als alle zuvor. All das, was vorher in meiner freien Zeit wichtig für mich war – möglichst weit weg zu reisen, wenn es geht sehr weit weg – lockt mich gerade überhaupt nicht. Der Gedanke ans Fliegen und die Situation im Flugzeug, die Menschenmengen und die Ungewissheit lösen in mir ein Unwohlsein aus und nicht, wie in den Jahren zuvor, Freude und Kribbeln im Bauch.
Urlaub im eigenen Land ist für mich die erste Wahl in diesem Jahr. Genaugenommen habe ich mehr Fernreisen unternommen, als Deutschland zu bereisen. Es ist also auch eine Gelegenheit, das eigene Land besser kennenzulernen.

Corona-Street-Art: Urlaub für zwischendurch. Foto: A. Gatz
Corona-Street-Art: Urlaub für zwischendurch. Foto: A. Gatz

Achtsamkeit

Die letzten Monate haben mich verändert. Meine Arbeit bei Hilfe Daheim und damit die direkte Nähe zum Gesundheitswesen haben mich besonders achtsam und vorsichtig werden lassen. Ich habe wenig Lust, unter fremde Menschen zu gehen, einkaufen tue ich nur das unbedingt Nötigste, Essengehen war ich seit Monaten nicht mehr. Meinen Vorsatz für dieses Jahr einzuhalten, mir nichts anzuschaffen, was ich nicht wirklich benötige, fällt mir nicht mehr schwer (Ein neues Jahr, schon wieder…). Ich bin viel draußen, ob laufen oder Fahrrad fahren. Das Fahrrad haben meine Kolleginnen und ich für uns neu entdeckt, die Hälfte der Hilfe-Daheim-Büromannschaft kommt mit dem Rad zur Arbeit. Niemand möchte sich in dieser Zeit in Bus und Bahn quetschen.

Das wäre früher für mich nicht vorstellbar gewesen, 15 Kilometer morgens hin und 15 am Abend zurück. Nicht jeden Tag, aber immer öfter. Das ist jedes Mal wie ein kleiner Urlaub, oft eine neue Strecke. Meist mehr Kilometer als nötig, weil ich mich ständig verfahre. Aber die Sonne auf meiner Haut, manchmal auch Regen, der direkte Kontakt mit meiner Umwelt und draußen zu sein machen mich glücklich.

Mit dem Fahrrad zur Arbeit: radeln statt Autofahren. Foto: A. Gatz
Mit dem Fahrrad zur Arbeit: radeln statt Autofahren. Foto: A. Gatz

Neue Gewohnheiten

Bei den meisten Kollegen bei Hilfe Daheim ist klar: Dieses Jahr verbringen wir unseren Urlaub in Deutschland oder im eigenen Garten oder auf dem Balkon. Ein winziger Virus, der es geschafft hat, die Gewohnheiten zu verändern, Dinge, die vor der Pandemie wichtig waren, heute anders zu bewerten. Ein Virus, der es geschafft hat, die Welt zum Stillstand zu bringen. Wenn ich eines gelernt habe in den letzten Monaten: Ich kann nicht alles planen und kontrollieren. Es gibt Dinge im Leben, die passieren völlig ungeplant und überraschend, egal ob ich will oder nicht.

Ich hoffe jedoch, dass es schon bald wieder möglich sein wird, neue Länder und andere Kulturen kennenzulernen und dabei ein gutes und sicheres Gefühl zu haben. Auch wenn dies vielleicht unter veränderten Bedingungen geschieht. Ich wünsche Euch einen erholsamen Urlaub, mit den Menschen, die Euch etwas bedeuten. Erholung von der großen Ungewissheit und die Kraft, das Leben neu und anders zu strukturieren.

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