Roadtrip – mit dem Camper unterwegs

Der beste Ehemann und ich haben uns (schon vor der Pandemie) einen Camper gekauft. Ja, richtig, einen Camper! Ich stelle es mir toll vor, meine Urlaubsorte zu wählen und frei zu entscheiden, wie lange ich wo bleibe. Im Zuge meiner Recherchen, wo wir wie hinfahren und was dort, bezogen auf wildes Camping, erlaubt ist, wurde mir klar, dass sich eine ganze Campinggemeinde gegründet hat. Früher war das Campen eher den Jungen überlassen, denen, die kein Geld hatten, sich ein Hotelzimmer leisten zu können. Heute sind viele Menschen unterwegs, die sich ein Hotelzimmer leisten könnten, dieses aber bewusst gegen ein winziges Haus auf vier Rädern eintauschen. Gerade in Zeiten der Pandemie ist diese Art zu reisen noch beliebter geworden.

Schon am Anfang unseres Abenteuers schieden sich die Geister. Die Einen waren nahezu euphorisch und wollten alles über unsere Neuanschaffung erfahren und die Anderen waren fassungslos. Camping und ich, stand auf ihren Gesichtern geschrieben, passen einfach nicht zusammen. Ich hatte vor vielen Jahren einen Campingversuch mit einer Freundin gestartet. Dieser sollte in die Bretagne gehen, endete aber in Portugal in einem Appartement. Es hatte in Bordeaux geregnet, was uns veranlasste, kurzerhand nach Portugal zu fahren.

Zuhause auf vier Rädern: Urlaub im Camper. Foto: N. Gatz
Mit dem Zuhause unterwegs: Urlaub im Camper. Foto: N. Gatz

Haus auf vier Rädern

Der Camper ist ein großer Traum meines Mannes. Unser Deal lautet: Wenn ich ganz unglücklich bin mit diesem Haus auf vier Rädern, dann verkaufen wir es wieder. Das hat mir die Entscheidung zum Kauf leichter gemacht. Die erste große Fahrt geht nach Portugal. Vorher sollte noch ein Probewochenende stattfinden, um die Tricks und Tücken des Busses kennenzulernen. Hat natürlich vor lauter Arbeit und anderen Verpflichtungen nicht geklappt…

Sprotte, der Familienhund, brauche sich laut meinem Mann nicht an den Bus zu gewöhnen, weil sie ja schon oft mit ihm gefahren sei. Ende September, einen Tag später als geplant, ging es los. Später, weil wir wieder einmal unterschätzt hatten, wie viel Mühe die Vorbereitungen machen. Es war also Anfang September, 7:00 Uhr am Morgen. Schon kurz hinter Köln war klar, Sprotte fand das Reisen in diesem Bus, gelinde gesagt, gewöhnungsbedürftig. Sie zitterte und zeigte unmissverständlich, dass ihrer Meinung nach an dieser Stelle das Abenteuer vorbei war. Mein Mann kommentierte das Ganze mit den Worten, er hätte den Hund ja nie gesehen, der hätte hinter ihm gesessen und ihn nie genervt. Also kurz: Das erste Drama war nicht zu lösen, der Hund musste da durch.

Wir durchquerten Deutschland, Holland, Belgien und erreichten Frankreich. Schon am ersten Tag wollten wir Paris hinter uns lassen. Wer die Autobahn um Paris herum kennt, weiß, es ist gut, diese von hinten zu sehen. Gesagt, getan. Schon am ersten Abend nach den ersten 1000 km war ich mir nicht sicher, ob das mit dem Camper eine weise Entscheidung war. Ein müdes Selbst, ein völlig verängstigter Hund, schlimme Raststätten, schlimme Kommentare aus dem allwissenden Internet (warum man nicht auf französischen Raststätten übernachten sollte) und ein übellauniger Ehemann, den seine leicht paranoid werdende Frau nervte. Ich bestand darauf, die Autobahn zu verlassen und auf einem Campingplatz zu nächtigen.

Der Luxus der Einsamkeit - Natur pur. Foto: N. Gatz
Der Luxus der Einsamkeit – Natur pur. Foto: N. Gatz

Sie haben ihr Ziel erreicht

„In dem neuen Camper gibt es ein Navigationsgerät und dieses Gerät ist mit einer speziellen Software ausgestattet, welche alle Campingplätze ausweist!“, so der beste Ehemann von allen. Das fand ich enorm sinnvoll, wenn man bedenkt, dass von Müdigkeit bis Unmut sich alle unguten Gefühle im Camper breit machten. Also von der Autobahn abgefahren, den nächsten Campingplatz eingegeben in die Wundersoftware, 14 km durch die französische Pampa gefahren und im Nirgendwo an einem Feld mitten in Frankreich erklang die Stimme der Navi-Frau: „Sie haben ihr Ziel erreicht‘. Die Stimmung im Camper wurde nicht deutlich besser…

Also den nächsten Platz ins Navi eingegeben und 19 weitere Kilometer befanden wir uns auf einem Campingplatz, der seit dem ersten September geschlossen hatte. Es gibt Momente im Leben, da reicht ein Boxsack nicht aus, und dieser war so einer. Kurz hinter dem geschlossenen Platz erneut ein Schild: „Parque Natural“. Nach langem Hin und Her, mein Schulfranzösisch ist trotz intensiver Versuche meines Lehrers sehr dürftig, rollten wir im Dunkeln zwischen Pinien auf unsere Parkbucht. Beim Putzen meiner Zähne in dem öffentlichen Sanitärbereich nahm ich verwundert die nebeneinanderliegen Duschen ohne irgendeine Abtrennung wahr, von Intimsphäre keine Spur. Ich war so müde, dass ich keinerlei Platz in meinem Hirn fand, um darüber nachzudenken.

Abenteuer Camping - unterwegs in Portugal. Foto: N. Gatz
Abenteuer Camping – unterwegs in Portugal. Foto: N. Gatz

Parque Natural

Die erste Nacht im Haus auf vier Rädern war wundervoll. Ob es tatsächlich an der guten Luft und den rauschenden Baumwipfeln oder aber daran lag, dass ich stehend k.o. war, keine Ahnung, aber nach einer guten Nacht frage ich nicht nach dem Grund. Mein Morgen war sehr früh vorbei und ich beschloss, schnell unter die Dusche zu hüpfen in der Hoffnung, mit der frühen Uhrzeit die fehlende Privatsphäre – Dusche ohne Abtrennung – zu kompensieren. Das war eine weise Entscheidung. Nach dem morgendlichen Reinigungsritual erschloss sich mir der Name des Campingplatzes „Parque Natural“. Mir kamen zwei Männer entgegen, fröhlich plaudernd, und weil es an diesem Morgen nur 10 Grad hatte, jeweils mit einer warmen Jacke. Unterhalb der Jacken waren sie unbekleidet. Nicht, dass ich etwas gegen Nudisten hätte, ich zähle mich aber nicht dazu, ich mag meine Intimsphäre ganz privat für mich.

Nach diesem ersten Abenteuer bin ich mehr als gespannt, was mich auf der Suche nach Freiheit noch so erwartet, und habe gelernt, dass Freiheit viele Gesichter hat…

 

Nicole Gatz
Pflegedienstleitung bei Hilfe Daheim

2 Kommentare

  1. Ein toller Bericht! Ich musste doch sehr schmunzeln als ich diese persönliche Begebenheit gelesen habe. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich diesen Text meiner Tante, die sehr gut bei Hilfe Daheim umsorgt wird, vorlesen. Vielen Dank dafür Frau Gatz.

  2. So schön. Ich habe so gelacht, weil ich sofort Kopfkino bekam und mir das Bild von Fr. Gatz aufpoppte mit den 2 untenrum frei bekleideten Herren vor der Dusche. Ich freue mich auf die Fortsetzung des Reiseberichts. LG und viel Spaß von Schwester Steffi 🙂

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