Roadtrip – mit dem Camper unterwegs Teil 3
Ich sitze in unserem Camper, wir sind immer noch in Norwegen, es ist ein Grad, es ist Anfang Juni und es schneit. Ich habe seit ein paar Tagen eine Blasenentzündung, die ich versuche mit selbst gepflückten Pflanzen und Cranberry Tabletten selbst zu behandeln. Erst als mir meine Nieren anfangen bei jedem Schritt weh zu tun, beschließe ich schweren Herzens ins Krankenhaus zu fahren. Ich gehe nicht gerne ins Krankenhaus. Ich fürchte mich vor dem oftmals gestressten und schroffen Personal. Nicht, dass ich nicht verstehen könnte, wie überlastet alle sind, doch wenn ich krank bin, wünsche ich mir etwas anderes. Das nächstliegende Krankenhaus ist in Otta, 90 Kilometer entfernt.
Kein Märchen
Beim Eintreffen möchte ich eigentlich gleich wieder umdrehen. Nachdem ich in der Notaufnahme geklingelt habe, öffnet eine Schwester – Hannah ist ihr Name – die Tür und fragt, was sie für mich tun kann. Ich schildere ihr mein Problem und sie fragt mich ob es in Ordnung für mich wäre, etwas zu warten. Was für eine Frage. Kein genervter Blick und kein überfülltes Wartezimmer. Es sitzen dort drei Menschen, in einer Notaufnahme in einem Krankenhaus.
Ich will nicht unfair sein, auch hier muss ich warten: lange, sehr lange. Aber die Schwester fragt mich, nachdem sie mich untersucht hat, ob ich lieber liegen will – was ich unbedingt will – und versorgt mich mit einem Schmerzmittel. Sie erklärt mir, dass der behandelnde Arzt gerade sehr beschäftigt ist, aber sie hofft, dass er schnell kommt. Als ich mich auf die Liege lege, fange ich ein bisschen an zu frieren. Die Schwester fragt mich sofort ob mir kalt ist und bringt mir eine Decke. Kein Märchen, das war genau so.
Hannah und Björn
Als dann der Arzt kommt, hat das Schmerzmittel schon seine Wirkung getan. Er stellt sich mit Björn vor, erklärt mir, dass ich eine Blasenentzündung mit Beteiligung der Nieren habe, er vorschlagen würde mir Penicillin zu verschreiben und fragt mich, ob das ein guter Plan sei. Ich finde den Plan prima, bezahle 28 Euro und bekomme vier Penicillin Tabletten sofort und ein Rezept mit. Der Arzt wünscht mir „nice Holidays“ und das war’s. Ich bin ein wenig überrascht, so kann das also auch gehen. Freundliche, umsorgende Menschen, die mich in die Behandlung mit einbeziehen und zu jederzeit informieren. Aus einem Krankenhaus kommen und sich informiert und einbezogen fühlen, das geht offensichtlich, ist aber neu für mich. Hanna und Björn, Arzt und Krankenschwester, wie wäre es, wenn ihr mal nur so zu Trainingszwecken durch die deutschen Krankenhäuser tourt und mal zeigt, wie das so geht.
Cirque de Clinique oder statt Martin Rütter, Björn und Hannah die Pflegeprofis, wäre ein gute Idee. Auch in Norwegen gibt es Corona und dort hat das Gesundheitswesen seit vielen Jahren unter Pflegefachkraftmangel und Ärztemangel zu leiden. Freundlich sein und das Gegenüber wirklich wahrnehmen dauert nicht länger und ist auch nicht teurer, hinterlässt aber immer ein gutes Gefühl. Bleiben Sie gesund und wenn nicht wünsche ich Ihnen Menschen, die Sie wahrnehmen und sie so behandeln wie sie es sich wünschen!