Pflegeheim – muss das sein?
Wir werden immer wieder mit Aussagen aus dem Krankenhaus konfrontiert, in denen es heißt: “ das geht zu Hause nicht mehr, der Patient muss in ein Pflegeheim “. Ich unterstelle den meisten Ärzten im Krankenhaus, dass diese nicht wirklich wissen, welch eine umfangreiche Versorgung in der ambulanten Pflege möglich ist. Ambulante Pflege, so wie wir sie leisten, kann Menschen in fast allen Lebenslagen begleiten. Von leichten Alltagunterstützungen bis hin zu einer umfangreichen Versorgung, die oftmals fünf und mehr Besuche am Tag durch unsere Mitarbeiter bedeuten. Wir ergänzen unsere eigenen Leistungen mit denen vieler Kooperationspartner, sodass ein individuelles Versorgungsangebot für unsere Kunden entsteht. Versuchen wir dieses Angebot einem Krankenhausarzt zu erläutern, treffen wir oftmals auf Desinteresse, ob nun aus Zeitmangel oder Gedankenlosigkeit.
Was aber bedeutet eine solch folgenschwere Entscheidung für den betroffenen Menschen? Dieser findet sich an einem fremden Ort wieder, an dem nur ein Bruchteil seiner Möbel Platz finden. Man muss sich einem fremden Rhythmus unterordnen und ist eingeschränkt in der Gestaltung und Bestimmung seines Tagesablaufs. Plötzlich und unerwartet ist man nicht mehr Herr über sein Leben. All die großen und kleinen Dinge, die man geliebt hat, die Nachbarn, die man gekannt hat und der Stadtteil, mit dem man lange verwurzelt war, fallen weg. Bevor Sie nun urteilen, schließen Sie die Augen und stellen sich vor: wie wäre das für Sie?
Wunsch nach Sicherheit
Ich würde das Haus verlieren, in dem ich sehr gerne wohne, in dem meine Kinder aufgewachsen sind und mit dem mich viele schöne und schwere Stunden verbinden. Ich müsste meine Bilder zurücklassen, Möbel, die schon lange in unserem Besitz sind und an denen ich hänge. Und ich müsste hoffen, dass es mir gelingt, im hohen Alter ein neues soziales Netz an einem fremden Ort zu schaffen.
Ich möchte hier nicht gegen Pflegeheime werben, mein Anliegen ist es, den Wunsch des Patienten zu hören und zu akzeptieren. Ein Pflegeheim kann genau die richtige Entscheidung sein für Menschen, denen Sicherheit sehr wichtig ist. Menschen, die sich alleine und einsam fühlen oder Ängste entwickeln, entscheiden sich oftmals für ein Pflegeheim. Es ist ein langer Weg dorthin und in der Entscheidungsphase sind unsere Mitarbeiter oftmals eingebunden. Sie versuchen gemeinsam mit dem Kunden die individuell beste Lösung zu finden und manchmal ist die beste Lösung ein Pflegeheim.
Neuanfang im hohen Alter
Ich bin natürlich geprägt durch die ambulante Pflege und für mich käme kein Pflegeheim in Frage. Umso schwerer war es für mich, als meine hoch betagte Großmutter (damals 94 Jahre) entschied, in ein solches zu ziehen. Bevor sie entscheiden konnte, welches Heim ihr zusagen würde, hatte sie einen Unfall. Wir mussten eine passende Einrichtung für sie finden. Das Pflegeheim, für das wir uns entschieden, lag nah an unserem Wohnort, damit wir sie häufig besuchen konnten. Das Zimmer war klein, mit einer Nasszelle. Von ihren Möbeln passten nur ein Sessel und ein Beistelltisch in das Zimmer, alles andere mussten wir zurücklassen. Ich hatte Bauchschmerzen bei dem Gedanken, dass sie an diesem Ort ihren Lebensabend verbringen sollte. Der Tag der Krankenhausentlassung rückte näher, dann war es soweit. Sie wurde mit einem Krankentransport in ihr neues Zuhause gebracht, und …. sie war begeistert! Das Zimmer liebte sie, nahm das Pflegeheim 3 Jahre als ihr zu Hause an und blühte noch einmal richtig auf, bevor sie im letzten Herbst verstarb.
Es kann also durchaus die richtige Entscheidung sein, eine solche Einrichtung zu wählen. Es müssen jedoch vorher alle Vor- und Nachteile abgewogen werden. Ich plädiere an dieser Stelle dafür, dass es trotz hohem Arbeitsaufkommen die Pflicht eines jeden ist, der Menschen berät, die vor so einer Entscheidung stehen, sich die Mühe zu machen herauszubekommen, was der Wunsch des Betroffenen ist.