Lasst uns reden

Ich bin neulich während einer Taxifahrt mit dem Fahrer über Verluste ins Gespräch gekommen, die er während der Pandemie erlitten hat – finanzielle Verluste. Er war sicher, sollte es nochmal zu einem Lockdown kommen, wäre er der Erste, der mit einer Fackel auf die Straße gehen würde. Ich erklärte ihm, dass sollte es nochmal zu so einer Situation kommen und die Politik würde das Gesundheitssystem nicht schützen, er sich nicht an der Fackel verbrennen sollte, sonst wäre Niemand mehr da, der ihn versorgen würde.

Nach einem anfänglichen Schlagabtausch sind wir in einen Dialog getreten und er erzählte mir von seinen wirtschaftlichen Einbußen, den Ängsten, die damit verbunden sind und davon, dass er sich von der Politik allein gelassen fühle. Ich schilderte, wie ich die Pandemie erlebt habe, dass ich das erste Mal existentielle Ängste hatte, mich um meine Mitarbeiter und Patienten gesorgt habe. Ich habe mich hilflos gefühlt und war unendlich dankbar, dass durch die Maßnahmen der Politik das Schlimmste abgewendet werden konnte. Dafür bin ich heute noch dankbar.

Innehalten und zuhören, einen passenden Weg für Herausforderungen finden. Foto: N. Gatz

Was ist mit uns passiert?

Wir unterhielten uns, obwohl ich schon längst am Zielort angekommen war, und hatten am Ende beide das Gefühl den Anderen zu verstehen – es war ein gutes Gespräch für uns beide. Reden hilft, wenn man wirklich verstehen will. Zuhören und miteinander reden ist die Basis, um Herausforderungen gemeinsam zu meistern, eine Lösung zu finden, in der sich alle wieder finden oder aber zu verstehen, warum gewünschte Lösungen manchmal einfach nicht möglich sind. Diese Unterhaltung war möglich, weil ich meinem anfänglichen Impuls, genervt und mit Aggression zu reagieren, widerstehen konnte und auch mein Gegenüber sich auf eine andere Sicht der Dinge eingelassen hat.

Ich bewege mich viel zu viel in meiner „Blase“ unter Menschen, die einer Meinung mit mir sind, unter denen ich mich wohl fühle, die eine ähnliche Einstellung wie meine eigene haben. So geht es vielen Menschen – viel zu vielen. Die Kollegen bei Hilfe Daheim sind immer wieder konfrontiert mit unterschiedlichen Menschen, aus den unterschiedlichsten Sozialisationen. Sie hören hin, sind immer bemüht ihre Kunden und deren Angehörigen zu verstehen und einen passenden Weg für jede Art von Herausforderung zu finden. Viele Kunden und Angehörige bedanken sich immer wieder für die gute Arbeit, die die Mitarbeiter leisten.

Sich in andere hineinzuversetzten und andere Meinungen wahrnehmen. Foto: N.Gatz

Verständnis kommt von Verstand

Die Fähigkeit, sich in den Anderen hineinzuversetzen ist keine Einbahnstraße. Oftmals sind Kunden und deren Angehörige am Anfang einer Versorgung skeptisch. Die ambulante Pflege kommt oftmals in der Presse nicht gut weg, mit diesen Vorurteilen müssen wir leben. Die Frage ist für mich nie, ob die Kollegen es schaffen das Vertrauen unserer Kunden zu gewinnen, die Frage ist eher, wie lange der Weg dahin ist.

Mit diesem Blog möchte ich mich bei allen Mitarbeitern für ihre Geduld, Zuversicht und ihre gute Arbeit bei unseren Kunden bedanken. Das ist der Grund, warum ich gerne im Gesundheitswesen mit verschiedenen Menschen bei Hilfe Daheim arbeite. Meine Kollegen sind bereit nach dem „Warum“ zu fragen, zuzuhören und mit unbeugsamem Willen, die Situation unserer Kunden zu verbessern. Sie sind bereit nicht zu mutmaßen, sondern nachzufragen, die Antwort zu hören und so lange weiter zu fragen bis sie es verstehen. Erst dann bilden sie sich ihre Meinung. Dafür gebührt Ihnen Anerkennung, Respekt und Dankbarkeit, jeden Tag.

Nicole Gatz
Pflegedienstleitung bei Hilfe Daheim