Angst – Außerhalb der Komfortzone
Vor vielen Jahren habe ich eine Reise auf die Kapverdischen Inseln geplant. Ich flog mit meiner Freundin von Hamburg nach Lissabon, um von dort zu den Kapverden zu gelangen. Wir hatten uns riesig auf diese Reise gefreut, unsere Rucksäcke waren gepackt und wir flogen los. Das Flugzeug war voller Kapverdianer, die im Ausland arbeiteten und nun zu einem Besuch in ihr Land flogen, die Stimmung der Fluggäste war ausgelassen und fröhlich. Es war eine große Maschine mit entsprechend vielen Toiletten an Bord. Umso verwunderter waren wir, als der Pilot über die Lautsprecheranlage eine Durchsage machte, in der er uns informierte, dass wir unseren Flug abbrechen mussten und zurück nach Lissabon fliegen würden, da eine der Toiletten defekt sei…
Von diesem Moment an hatte ich richtige Angst. Es beruhigte mich nicht, dass alle Stewardessen sich anschnallten, keine Getränke mehr serviert wurde und die Fluggäste angehalten wurden, angeschnallt auf ihren Sitzen zu verbleiben. Ich bekam immer mehr Angst und konnte nichts tun. Ich musste die Situation aushalten und hoffen, dass unser Pilot uns sicher auf den Boden bringen würde. Es stellte sich heraus, dass nicht die Toilette kaputt war, sondern ein Haarriss im Flügel den Piloten bewog, die Heimreise anzutreten.
Logik und Instinkt
Angst ist ein mächtiges Gefühl, eine der stärksten Emotionen, die einerseits dazu führt, dass wir Gefahren erkennen. Anderseits setzt der Körper Adrenalin frei, zu viel Adrenalin beeinflusst das Denkvermögen. Das war in der Urzeit sicher sinnvoll (logisches Denken war bei der Flucht vor einem Dinosaurier nicht wirklich gefragt), ist aber in unsere Zeit sehr hinderlich. Um Adrenalin abzubauen, braucht es Muskelarbeit, also Bewegung.
Ich habe oftmals große Angst vor vielen Menschen zu sprechen. Das ist wirklich doof, da ich dann zu viel Adrenalin im Körper habe und als Folge nicht logisch denken kann. Folglich müsste ich – um das Adrenalien los zu werden – meine Muskeln betätigen und während eines Vortrages hin und her laufen oder andere Betätigungen absolvieren, die meine Muskeln fordern. Auch das ist keine gute Strategie und meinen Zuhörern nicht zuzumuten. Die einzige Strategie, die mir logisch erscheint, ist mich bestmöglich vorzubereiten. Zu üben und mit jedem neuen Vortrag zu hoffen, dass die Angst abnimmt.
Lästiger Begleiter oder notwendiger Helfer
Ich bringe mich immer bewusster in Situationen, in denen ich Angst empfinde. Ich versuche also mehr und mehr aus meiner Komfortzone raus zu treten. Die Komfortzone ist der Bereich, den ich kenne und in dem ich mich sicher bewege. Die gute Nachricht ist: ich habe weniger Angst vor vielen Menschen zu sprechen. Ich habe das nun schon oftmals getan und die Erfahrung gemacht, dass ich noch lebe und die Menschen haben mir tatsächlich zugehört. Die weniger gute Nachricht ist: sobald ich meine Komfortzone erweitere, ist sie wieder da! Die Angst, eine ungeliebte und bekannte Begleiterin.
Ich habe inzwischen akzeptiert, dass die Angst notwendig ist, um Herausforderungen zu meistern. Ich werde die Angst niemals als angenehm empfinden, aber ich kann sie inzwischen als Begleiterin meines persönlichen Wachstums akzeptieren.