Von Moral und Doppelmoral – das Geschäft mit der 24 Stunden Pflege

Vor einiger Zeit wurden wir von einem Arzt gebeten, sich um die Versorgung eines Ehepaares zu kümmern. Der Ehemann war sehr hilfebedürftig und seine Frau versorgte ihn, brauchte aber Unterstützung. In dem Erstgespräch berichtete die Ehefrau, dass sie eigentlich von einer Agentur unterstützt werden würde, bei der sie polnische Pflegekräfte „mieten“ konnte. Diese Pflegekräfte sind dann für drei Monate bei ihr und versorgen ihren Mann mit einer 24 Stunden Pflege. Nach Ablauf der drei Monate reist dann eine neue Pflegekraft an und der Kreislauf beginnt von neuem. Sie berichtete, dass oftmals vor Ablauf der Zeit die Pflegkräfte abreisten, spontan und ohne den entsprechenden Nachfolger abzuwarten.

Nachdem uns die Ehefrau ihre Vorstellung der Versorgung erläutert hatte und wir ihr den zu zahlenden Betrag offenlegten, fiel sie aus allen Wolken. Sie war es gewohnt, dass sie ausschließlich den Betrag der Pflegestufe bezahlte, ein Zimmer zur Verfügung stellte und freie Verpflegung. Sie willigte in die Versorgung ein. Bis eine neue polnische Pflegekraft anreiste, versorgten wir ihren Mann. Das taten wir mehrmals, da viele Pflegekräfte vorzeitig und ohne Absprache verschwanden. Wir beschlossen irgendwann dieses System nicht mehr unterstützen zu wollen und lehnten weitere „Spontanversorgungen“ des Ehemanns ab.

Hilfe Daheim bietet seinen Kunden eine umfangreiche Versorgung durch ausgebildete und geschulte Fachkräfte. Eine 24 Stunden Pflege durch eine einzige Pflegekraft wäre undenkbar. Foto: Hilfe Daheim
Hilfe Daheim bietet seinen Kunden eine umfangreiche Versorgung durch ausgebildete und geschulte Fachkräfte. Eine 24 Stunden Pflege durch eine einzige Pflegekraft wäre undenkbar. Foto: Hilfe Daheim

Das Geschäft mit der Not

Jeder kann im Internet auf Angebote, bei denen Pflegekräfe für einen Hungerlohn (Tagessatz von ~60€; 24 Stunden Dienst/drei Monate) unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten, zugreifen. Dieses System der 24 Stunden Pflege nutzen eine große Zahl der Deutschen. In den entsprechenden osteuropäischen Ländern gibt es ganze Dörfer, in denen Kinder ohne ihre Eltern leben und auf sich alleine gestellt sind. Diese verlassen ihre Kinder, weil es keine Arbeit und damit auch kein Geld gibt. Der Druck ist so groß, dass sie in Kauf nehmen, unter schlechten Bedienungen wenig Geld zu verdienen und ihre Kinder sich selbst zu überlassen.

Zurzeit arbeiten Mitarbeiter aus ca. 10 Nationen bei Hilfe Daheim. Alle Pflegekräfte unter den gleichen, fairen Bedingungen. Foto: Anna Gatz
Zurzeit arbeiten Mitarbeiter aus ca. 10 Nationen bei Hilfe Daheim. Alle Pflegekräfte unter den gleichen, fairen Bedingungen. Foto: Anna Gatz

Warum erscheint eine gute Versorgung so teuer?

Unsere Mitarbeiter sind professionelle Pflegekräfte mit einer langjährigen Ausbildung. Sie machen einen hervorragenden Job, werden ständig weitergebildet und haben die Möglichkeit, sich in den vielen Fallbesprechungen, die unsere Einrichtung leistet, zu jeder Versorgung zu besprechen, Rückmeldungen von ihren Kollegen zu holen und ihre Arbeit zu reflektieren. Sie verdienen ein Gehalt, von dem sie Leben können und arbeiten nicht für Wasser, Brot und Unterkunft.

Hilfe Daheim hält alle Arbeitsschutzgesetze ein, zu denen gehören ausreichende Ruhezeiten, Urlaub und das Vorhalten eines betrieblichen Gesundheitsmanagements. Wir bilden Mitarbeiter aus, schulen diese und finanzieren ihre Fort- und Weiterbildung. Das kostet alles Geld. Geld, das dazu führt, dass die Pflege, Versorgung und Betreuung eines Menschen ihren Preis hat. Eine Versorgung, eine 24 Stunden Pflege, wäre undenkbar. Auch nicht für einen Tag, schon gar nicht drei Monate am Stück.

Wir beschäftigen zurzeit Menschen aus zehn verschiedenen Nationen, alle arbeiten unter den gleichen Bedingungen, erhalten die gleichen Rechte und Pflichten und eine faire Bezahlung. Diese Voraussetzungen sollten für alle Pflegekräfte als Basis gelten. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, die zwar legalen aber untragbaren Zustände zu unterbinden.

Abschließend drängt sich die Frage auf, ob eine Pflegekraft, die drei Monate lang ohne Pause arbeitet und sich in der Zeit um ihre Kinder sorgt, eine gute und professionelle Versorgung leisten kann.

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